Wenn Du aktuell darüber nachdenkst, ob Du kündigen oder bleiben sollst, bist Du in guter Gesellschaft, denn gemäss der letzten Gallup-Studie zum Mitarbeiter-Engagement machen 4 von 5 Mitarbeitern nur noch Dienst nach Vorschrift und mindestens 10% haben innerlich schon gekündigt. Ob die Zahlen so stimmen, wage ich zwar zu bezweifeln, aber ich bin davon überzeugt, dass viele im Zuge der aktuellen Entwicklungen auch über ihre Jobsituation nachdenken.
Die Entscheidung, ob man seinen Job kündigen oder bleiben soll, kann eine der schwierigsten und stressigsten Entscheidungen im Berufsleben sein. Auch ich stand in den letzen 20 Jahren alle paar Jahre vor dieser entscheidenden Frage: soll ich kündigen oder bleiben? Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und Gedankenkarussell waren dann meist ziemlich klare Hinweise, dass ich dringend etwas verändern muss: Die Job-Situation, mich selbst oder meine Stelle. Meist in dieser Reihenfolge. Entstanden ist dabei über die Jahre ein tieferes Verständnis für mich und meine Bedürfnisse.
Um Dir dabei zu helfen, mehr Klarheit zu gewinnen, habe ich Dir sechs entscheidende Fragen aus dem Entscheidungs-Canvas im Kontext der Frage „Soll ich kündigen oder bleiben“ zusammengestellt, die Dir helfen können, eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Was soll genau entschieden werden?
Definiere klar welche Optionen Dir zu Verfügung stehen. „Soll ich kündigen oder bleiben“ tönt einfach nach 2 Varianten, aber wenn Du genau hinschaust, gibt es auch hier Zusatz-Optionen, aus denen Du jederzeit wählen kannst. Wenn Du hier für Dich noch keinen klaren Favoriten findest, überspringe den Punkt und starte mit Frage 2.
- Bleiben und aktiv die Situation verändern: Sprich mit Vorgesetzten über Deine Rolle, Aufgabenbereiche oder interne Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Hier würdest Du dann für Dich klären wollen, welche Dinge Du anpacken möchtest.
- Bleiben und optimistisch abwarten: Manchmal läufts einfach nicht rund und nach Deinem Geschmack. Die Auftragslage ist dünn, Dein Team wartet auf strategische Entscheidungen oder Deine neue Vorgesetzte arbeitet sich derzeit in die Stelle ein. Du arbeitest motiviert weiter und schaust mal, wie sich die Sache entwickelt. Voll ok. Vielleicht setzt Du Dir hier ein Stichdatum, an welchem Du die Situation neu bewertest.
- Unzufrieden im Job bleiben und nur Dienst nach Vorschrift machen: Auch das ist eine Wahl, die Du treffen kannst, auch wenn sie weder für Dich, noch für den Arbeitgeber eine Idealsituation darstellt. Hier besteht natürlich die Gefahr, dass Deine Unzufriedenheit zunimmt und Deine neue Passivität von Arbeitgeber wahrgenommen wird. Überlege hier, wie lange Du in dieser Situation bleiben willst und was sich denn noch ändern müsste, dass Du den Schritt wagst, Deine Jobsituation aktiv anzugehen.
Wofür stehst du ein? Was sind deine Werte?
Deine Werte sind ein wichtiger Kompass bei Entscheidungen. Welche Werte und Eigenschaften verbindest du mit einem erfüllten Leben? Ist es berufliche Erfüllung, Sicherheit, persönliche Entwicklung oder vielleicht Flexibilität? Suche Dir im Artikel Deine Werte: Motivation & Kompass für ein gutes Leben aus der Liste von Werten diejenigen aus, die für Deinen Beruflichen Kontext entscheidend sind und notiere diese. Die Werte geben Dir einerseits eine Richtung vor: Wie möchte ich als Mitarbeiter wahrgenommen werden? Und andererseits helfen Werte dabei, wie Du heute Deine Entscheidung wahrnimmst.
Für mich war zum Beispiel stets „Ehrlichkeit“ wichtig und so habe ich schon früh mit Vorgesetzten das Gespräch gesucht, um keine Versteckspiele spielen zu müssen. So hat sich die Frage soll ich kündigen oder bleiben in Frage nach dem Zeitpunkt gewandelt.
Daten und Fakten zu deinen Optionen
Trage die wichtigsten Daten und Fakten zu deinen Optionen zusammen. Hast Du bereits eine Anschlusslösung und welche finanziellen Auswirkungen hat eine Kündigung und auf welche finanziellen Ressourcen hast Du Zugriff? Wie lange ist die Kündigungsfrist? Welche beruflichen Chancen bietet ein Verbleib im Unternehmen? Welche Benefits gehen verloren? Diese Fakten helfen, die emotionale Komponente zu ergänzen und ein vollständiges Bild zu bekommen.
Was sagen dein Verstand und die Vernunft?
Gehe Deine Optionen nacheinander durch und beobachte deine Gedanken und rationalen Überlegungen zu allen Optionen. Welche Vor- und Nachteile gibt es? Mache hierzu vielleicht eine klassische Pro/Kontra-Liste oder schreibe Deine Gedanken auf. Sei dabei offen für alle Gedanken und beziehe auch kritische und unangenehme Aspekte ein, erstmal ohne sie zu bewerten. Wenn Du zum Beispiel mit dem Gedanken spielst, ohne Anschlusslösung zu kündigen, kommen Dir vielleicht spontan zwei entgegengesetzte Gedanken: „Du findest schnell wieder einen Job, Du hast ja grad eine Weiterbildung gemacht“ und „Das Risiko ist zu gross, der Arbeitsmarkt strauchelt. Was wenn mich niemand will?“. Nimm einfach beide Gedanken so mit, schreibe sie auf.
Nun kommt Gewichten und Bewerten: Wenn Du Deine Werte unter Punkt 2 geklärt hast, fällt es Dir vielleicht einfach, gewissen Gedanken und Aspekte zu gewichten: Welche Überlegungen passen besser zu meinen Werten? Welche Gedanken sind valide, führen aber nicht zu einem Leben, wie ich das leben möchte? Welche Argumente zählen doppelt oder dreifach? Wenn Dein Sparkonto gut gefüllt ist, haben finanzielle Überlegungen vielleicht weniger Gewicht, als wenn Du nur knapp über die Runden kommst.
Soll ich kündigen oder bleiben? Was sagt dein Herz dazu? Was sagt dein Bauch?
Emotionen spielen eine große Rolle bei Entscheidungen: häufig ist es so, dass Dein Herz bereits entschieden hat und einige der vermeintlich rationalen Argumente von oben sind ein Versuch, Dein Bauchgefühl mit dem Verstand in Einklang zu bringen. Zeit also, Deine Gefühle zu den Varianten genauer zu Erforschen und zu verstehen: Stelle Dir dafür für jede Option die bestmögliche Zukunft vor. Wie fühlt sich das an? Wo in Deinem Körper fühlst Du das?
Welche Option verursacht Bauchschmerzen, viellicht wird Dir gar schlecht beim Gedanken daran? Geh auch diesen Bauchschmerzen auf den Grund: Ist es die eher Angst vor dem Unbekannten oder die Vorstellung, noch weiter in dieser Firma zu arbeiten?
Für welche Option würdest Du mehr Herzen verteilen in einer Ideal-Vorstellung? Was genau ist es, was dieses Gefühl verursacht? Die Lust auf neue Abenteuer? Die Vorstellung, mit Deinem jetzigen Team noch viele weitere Projekte zu stemmen?
Welche Informationen benötigst du noch?
Manchmal schiebt man Entscheidungen vor sich hin, weil man das Gefühl hat, noch zu wenige Informationen zu haben, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Das kann sein. Vielleicht brauchst du mehr Details zu einer neuen Stelle oder möchtest wissen, wie sich eine Kündigung auf deine Karriere auswirkt. Stelle sicher, dass Du alle nötigen Informationen hast, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Mache Dir eine Todo-Liste mit allen Informationen, die Du noch benötigst und arbeite diese ab. Wenn die Liste leer ist, ist die Zeit der Entscheidung gekommen.
Wie Entscheidungs-Coaching Dir helfen kann
Entscheidungscoaching kann dir dabei helfen, Klarheit zu gewinnen. Ein professioneller Coach unterstützt dich dabei, deine Werte zu klären, rationale und emotionale Aspekte deiner Entscheidung zu beleuchten und strukturierte Entscheidungsprozesse zu nutzen. Hier sind einige Methoden und Werkzeuge, die im Coaching eingesetzt werden:
Entscheidungs-Canvas: Dieses visuelle Tool hilft Dir, deine Optionen klar zu strukturieren und die möglichen Konsequenzen jeder Entscheidung zu analysieren. Du kannst deine Gedanken und Gefühle zu jeder Option notieren und so ein vollständiges Bild gewinnen.
Werteklärung: Durch gezielte Fragen und Übungen hilft der Coach dir, deine wichtigsten Werte zu identifizieren und zu priorisieren. Diese Werte dienen als Kompass bei deiner Entscheidung.
ACT-Techniken: Acceptance and Commitment Therapy (ACT) unterstützt dich dabei, deine Gedanken und Gefühle zu akzeptieren, ohne Dich von ihnen beherrschen zu lassen. Du lernst, trotz und mit Zweifeln und Ängsten handlungsfähig zu bleiben.
Bereit für den nächsten Schritt?
Wenn sich das für Dich gut anhört, kontaktiere mich unverbindlich. Ich unterstütze Dich gerne auf Deinen nächsten Schritten.