Eine der wohl einfachsten und effektivsten Übungen aus der Acceptance & Commitment Therapie, die man in Zeiten von Struggle, Unsicherheit und innerer Unruhe durchführen kann, ist das sogenannte „Anker werfen“ (Russ Harris, 2017).
Wenn Du wie ein Boot im Sturm von Gedanken und Gefühlen hin- und hergerissen wirst. Wenn Dich Sorgen und Zukunftsangst blockieren. Wenn Du Dich kaum mehr konzentrieren kannst und jede freie Minute mit Grübeln verbringst anstatt Dein Leben zu leben. Und Du in dem ganzen Hin und Her unterzugehen drohst und keine Entscheidungen mehr fällen kannst: Wirf einen Anker!
„Anker werfen“ ausprobieren. Eins vorab: Du wirst damit Deine unangenehmen Gefühle und Gedanken nicht loswerden. Genau so wenig, wie das Anker werfen auf stürmischer See den Sturm beendet. Aber mit entsprechender Übung kann es Dir dabei helfen, die Kontrolle über Deinen Fokus und Deine Aufmerksamkeit wiederzuerlangen. Der Griff Deiner Gedanken ist nicht mehr so stark, Du kannst wieder besser sehen und Entscheidungen fällen.
Die Übung „Anker werfen“ besteht aus 3 Teilen
1) Tauche in Deine Gedankenwelt ein. Nimm Deine Gefühle und Gedanken wahr, benenne sie, versuche sie in Deinem Körper zu lokalisieren und beobachte neugierig, wie sie sind und was sie so tun. Du musst sie dabei nicht speziell mögen, das würde niemand erwarten.
2) Scanne nun Deinen Körper. Wie sitzt Du? Wo sind Deine Hände? Bewege Deine Füsse, vielleicht streckst Du Dich ausgiebig durch, wenn Du nicht grade mitten in einer Sitzung bist. Knete Deinen Daumen oder klopfe auf Dein Brustbein. Nimmst Du dabei einen Ton wahr? Nimm wahr, dass die Gedanken und Gefühle noch da sind. Nimm wahr, dass da auch ein Körper ist. Du kannst Dich bewegen, Du kannst ihn kontrollieren und – er hat hat genug Platz für alle Deine Gefühle und Gedanken.
Wenn Du bemerkst, dass sich ein Gedanke vordrängelt, sag „Danke Gedanke“ und mache dort weiter, wo Du aufgehört hast.
3) Komme nun wieder zurück ins Hier und Jetzt. Öffne Deine Augen: Sieh Dich um, lenke Deine Aufmerksamkeit auf 3, 4 Dinge um Dich herum. Nimm sie bewusst wahr, entdecke ihr Aussehen, ihre Funktion. Wenn sie Dir wichtig sind: Warum sind sie Dir wichtig? Wobei helfen Dir diese Dinge? Nimm als nächstes wahr, woran Du gerade arbeitest und warum das wichtig ist. Nimm auch wahr, dass da ein „Du“ ist, das alles wahrnimmt und alle Handlungen kontrolliert.
Führe diese Übung täglich mehrmals durch, auch wenn grade kein Sturm in Sicht ist. Damit Du sie einfach aus der Schublade ziehen kannst, wenn Du sie brauchst. Das kann 2 Minuten sein, oder länger. Wie es gerade passt.
Du willst endlich loslegen?
Am besten lässt Du Dich ein paar mal von jemandem führen, dem Du vertraust, Dein Lieblingsmensch, Dein Coach oder auch durch eine Audio-Führung (Nutze am besten die unStruggle App).
Danach kannst Du dies alleine durchführen, wann immer ein Sturm aufzieht. Zu Hause, bei der Arbeit, sogar in Meetings und Diskussionen, wenn Du merkst, dass Du nicht mehr bei der Sache, sondern auf deinem Gedankenkarussel sitzt.
Was soll das Ganze?
Ungelöste Probleme, Gedanken und unangenehme Gefühle neigen dazu, unsere Aufmerksamkeit voll in Beschlag zu nehmen und uns so lange nicht loszulassen, bis das Problem entweder gelöst oder die unangenehme Situation beendet ist. Unser Gehirn tut dabei einfach, was es am besten kann: Lösungsvorschläge präsentieren, mögliche Ausgänge von Situationen modellieren oder uns vor Dingen warnen.
Wenn es darum geht, einen Nagel einzuschlagen, ist unser Gehirn schnell fertig, wir probieren es aus und fertig. Nächstes Problem. Für andere Probleme hingegen wird es keine schnelle und einfache Lösung geben: Finanzielle Probleme, Beziehungsprobleme, Stress am Arbeitsplatz, Pandemie oder kriegerische Auseinandersetzungen. Im Versuch, diese Probleme endgültig zu lösen, verlieren und verstricken sich unsere Gedanken in immer denselben Überlegungen. Ohne Ausgang, ohne wirkliche Lösung.
Was wir nun in dieser Übung lernen können ist Folgendes:
Deine Gefühle und Gedanken sind da. Sie haben alle ihre Berechtigung hier zu sein. Dabei muss man sie nicht mögen. Gib ihnen den Platz den Sie benötigen. Wenn sie wachsen, wachse mit ihnen: denn gleichzeitig ist da ein Körper und ein wahrnehmendes Du. Du nimmst wahr, Du kontrollierst deinen Körper, Du kontrollierst den Fokus. Du entscheidest Dich dafür, deine Aufmerksamkeit auf die Dinge zu lenken, die gerade wichtig sind. Jetzt.
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